Gisela Happe

S T A T E M E N T

FIGUR UND RAUM, TRANSPARENZ UND OPAZITÄT 

Am Anfang stand die Figur im Zentrum meiner künstlerischen Auseinandersetzung. Das heißt, mich interessierte die Figur in Bezug zum Raum, die Figur als Raum im Raum.

Die Farbe hat dabei bis heute eine zentrale Bedeutung, sie steht im Dialog mit mir und sie ist Energieträger.

Meine Malerei ist gekennzeichnet vom prozesshaften Charakter der Bildfindung und dem Arbeiten mit Schichtungen. Nach dem gleichen Prinzip entstehen figurative Collagen auf und mit unterschiedlichen Papieren wie dem diaphanen Spezialpapier PERGAMYN. Sie sind die Fortsetzung meiner Untersuchungen zum Thema von Transparenz und Opazität mit anderen Mitteln. 1987 entdeckte ich transparentes Acrylglas für mich als idealen, da unsichtbaren Bildträger. Durch ihn konnte sich die Figur von ihrem Grund lösen, was mir den Impuls gab, sie aus ihrer Zweidimensionalität zu befreien: lebensgroße auf transparente Glasscheiben gemalte Figuren hängte ich frei von der Decke in den Raum. (Malerei-Raum-Installation)

FIGUR UND NATUR, NATURRAUM, LANDSCHAFT

Nach zahlreichen Fotostudien der Landschaft in den 90er Jahren malte ich erste sogenannte Landstreifen, die die Wahrnehmung von Natur im Gesichtsfeld des sich in ihr bewegenden Betrachters aufzeigten. Die Idee, die sich ständig wandelnden Überlagerungen und Schichtungen im Natur-Raum sichtbar zu machen, ließen sich am überzeugendsten auf transparentem Acrylglas verwirklichen. Nach Untersuchungen zu Raumtiefe und dem Ordnungssystem Vorder-, Mittel-, Hintergrund entwickelte ich variable Landschaftselemente aus bemalten und bedruckten Glasscheiben, die ich hintereinander gestaffelt an die Wand brachte (s. Land-Stücke). Daraufhin arbeitete ich gezielt mit Landschaftsfotos von Reisen in die Pyrenäen und vor allem ins norddeutsche Hochmoor.

In meiner derzeitigen Arbeit geht es mir um den Transfer vorgefundener Strukturen im Micro-, wie Makrokosmos der Natur, und immer wieder Transparenz und Opazität. Denn hier ist nicht nur der Bildträger  durchsichtig, sondern auch die lasierend aufgetragenen Farben scheinen durch und mischen sich Schicht um Schicht.  Analog zum Wachsen entstehen pflanzliche Phantasien als Ergebnis einer prozesshaften Arbeit, die zwar gelenkt ist, bei der aber das Unvorhersehbare willkommen ist. Hinzu kommt das Licht, das durch die Glasscheibe gefangen und gebrochen wird, so dass ein irisierender Effekt eintritt, der die Farben intensiviert. Der Widerschein der weißen Wand - verursacht durch den Abstand der aufgehängten Scheibe zur Wand - mischt sich ebenfalls ins Bild. Somit ist für mich das Trägermaterial Acrylglas in diesem Themenkreis konkurrenzlos, da es nicht nur eine sehr differenzierte Lasurtechnik zulässt, die der Wahrnehmung der Farbnuancen in der Natur entspricht, sondern auch, weil die Farben hier eine Luminanz erreichen, wie sie es auf der Leinwand so niemals könnten.

Gisela Happe